Querlesen oder Speed Reading!?

Dachten Sie bisher, dass schnelles Lesen / Speed Reading dasselbe wie Querlesen ist? Dass Sie also nur dann schneller lesen können, wenn Sie zugleich Einbußen beim Textverständnis akzeptieren?

Die verbreitete Gleichsetzung “Speed Reading = Querlesen” setzt voraus, dass schnelleres Lesen v.a. einem größeren “Mut zur Lücke” geschuldet ist: Man erfasst nur noch Schlüsselwörter oder liest nur “diagonal” oder “im Slalom”.

Speed Reading muss nicht Querlesen, Diagonallesen oder Slalomlesen heißen - mit uns geht schnelles Lesen auch bei vollständiger Texterfassung

Der englische Trainer Tony Buzan, der den Begriff „Speed Reading“ geprägt hat, setzt dies in seinem gleichnamigen Buch recht eindeutig mit Querlesen gleich. Speed Reading heißt für ihn maßgeblich, mehrere Zeilen oder Absätze zugleich zu erfassen. Das kann – wenn überhaupt – nur mithilfe des peripheren Sehens gelingen. Dabei liest man aber gar nicht mehr vollständig, sondern „erahnt“ die meisten Wörter nur noch oder ergänzt sie aus dem Kontext.

Aber Speed Reading geht auch anders:


Eine der Kerntechniken von Speed Reading nach Improved Reading-Methodik ist das sog. “Chunken”. Das bedeutet einfach “Erfassen von Wortgruppen” – anstelle Wort für Wort zu lesen. Dabei nutzen wir die natürliche Fähigkeit des Auges, in einem Bereich von ca. 3,5 cm scharf sehen zu können, bezogen auf einen Leseabstand von 40 cm. Und meist passen dort eben mehrere Wörter hinein, nicht bloß eins. Für das Auge ist es relativ egal, ob es ein Wort oder z.B. zwei bis drei Wörter erfasst, solange man in der gegebenen Blickspanne (3,5 cm) bleibt. Wichtig: Auch die Zeitdauer pro Fixierung ist relativ konstant – egal ob Du ein Wort oder eine Wortgruppe auf einmal liest. Jedes Mal “scharf fixieren” dauert nämlich etwa eine Viertelsekunde, bei drei Wörtern genau wie bei einem.

Und hier der Verständnis-Bonus bei dieser Art von Speed Reading: Wenn wir Wortgruppen erfassen, verstehen wir auch mehr vom Inhalt! Warum? Weil sich der Inhalt in der Regel erst aus dem Zusammenhang ergibt – also aus mehreren Wörtern. Sie sehen: Das hat gar nichts mit Weglassen oder „Mut zur Lücke“ zu tun!

Eine der wichtigsten Speed Reading-Techniken heißt “Chunken”: Wortgruppen auf einmal erfassen statt jedes Wort einzeln

Wie das Beispiel in der folgenden Abbildung illustriert: Die Wörter “in”, “der” und “Stadt” tragen für sich genommen noch nicht sehr viel zur Bedeutung bei (vor allem die ersten beiden nicht) – erst im Zusammenhang ergeben sie einen brauchbaren Sinn. Wenn wir also “in der Stadt” mit einem Blick erfassen, sind wir rechnerisch nicht nur dreimal schneller. Wir haben außerdem auch die Bedeutung besser erfasst.

Das Wort “Sonnenschein” würden Sie bestimmt jetzt schon “in einem Zug” lesen statt mit mehreren Blickstopps – das bedeutet: Teilweise “chunken” Sie schon jetzt. Machen Sie es ab jetzt einfach noch konsequenter!

Weitere Speed Reading-Techniken – ohne Querlesen/Weglassen:


Speed Reading – ohne Querlesen – heißt für uns darüber hinaus die Vermeidung der Regression: Damit ist das ständige, gewohnheitsmäßige Zurückspringen in der Zeile gemeint. Das kommt daher, dass wir unserer Wahrnehmung nicht wirklich trauen und sollte komplett vermieden werden. Ausnahme: sehr schwierige Fachtexte, die mit viel unbekanntem Vokabular gespickt sind. Auch hier gewinnen Sie doppelt: Die Ausrichtung nach vorn bewirkt nicht nur eine Steigerung des Lesetempos (weil die vielen Rücksprünge entfallen). Sie verbessern zugleich Ihr Verständnis, weil Sie den Text in der logischen Folge aufnehmen.

Chunken (Wortgruppen als Ganzes erfassen) und nach vorne schauen (statt ständig zurückspringen) – allein mit diesen beiden Techniken lässt sich die Lesegeschwindigkeit schon um 50-100% steigern

Weitere Anregungen für Speed Reading – bei vollständiger Texterfassung – sind:

  • das innere Mitsprechen beim Lesen (Subvokalisieren) reduzieren (nicht vermeiden!) sowie
  • die Blickbewegungen beschleunigen – innerhalb eines vernünftigen Rahmens, den Sie im Training austesten können

Alle genannten Speed Reading-Techniken beruhen gerade nicht auf Weglassen, sondern v.a. auf effizienter Blicksteuerung. 85% unserer Kursteilnehmer verdoppeln so ihre Lesegeschwindigkeit – und verbessern zugleich ihr Textverständnis!

Querlesen kann sinnvoll sein!


Das alles schließt übrigens keineswegs ein bewusstes Weglassen aus: Sinnvolle Lesestrategien sind etwa die Fokussierung auf die Hauptgedanken (Skimming, Paragraphing) oder auf einzelne Details eines Textes (Scanning). Wichtig ist außerdem das Sichten von Textmaterial vor dem eigentlichen Lesen (Previewing). Wir finden es bloß schade, wenn Speed Reading bzw. schnelles Lesen von vorne herein mit bloßem Weglassen gleichgesetzt wird.

Eine Übersicht über sechs Speed Reading-Tipps, die Du sofort umsetzen kannst, findest Du hier.

Übrigens: Alle Speed Reading-Techniken nach der Improved Reading-Methodik sind wissenschaftlich fundiert. Die genauen Nachweise für alle von uns trainierten Techniken kannst Du hier nachlesen.

Schauen Sie sich in dieser 30-sekündigen Animation den Vorher-Nachher-Unterschied zwischen “normalem Lesen” und “Speed Reading”, wie wir es uns vorstellen an:


Speed Reading heißt für uns…

  • alles lesen (falls nötig)
  • weglassen (falls möglich)
  • mehr verstehen
  • doppeltes Tempo
  • mehr Spaß am Lesen!