Von iroAdmin  |  in Speed Reading Trainer Friedrich Hasse

Warum die Stavanger‑Erklärung 2025 noch genauso wichtig ist wie 2019

Lesen – gedruckt oder digital – ist längst nicht mehr nur eine Frage des technischen Mediums. Es geht um Verständnis, Konzentration, Gedächtnis und um die Art, wie wir Wissen aufnehmen. Die Stavanger‑Erklärung, veröffentlicht 2019 von der europäischen Forschungsinitiative E‑READ, gibt wichtige Impulse, wie wir mit dem Wandel umgehen sollten. Hier eine Erinnerung und Einschätzung: Warum sind ihre Erkenntnisse relevant – gerade auch fürs Speed Reading und für moderne Lernmethoden?


Was ist die Stavanger‑Erklärung?

  • Ein im Januar 2019 erschienener konsolidierter Forschungsbericht, unterzeichnet von über 130 Wissenschaftler*innen in ganz Europa. Wikipedia+2FAZ.NET+2
  • Ergebnis eines vierjährigen Projekts („Evolution of Reading in the Age of Digitisation“, kurz E‑READ), in dem untersucht wurde, wie sich Lesen unter digitalen Bedingungen verändert. zum.de+2Wikipedia+2
  • Ziel: Handlungsempfehlungen und Fragen aufwerfen, wie sich digitales Lesen, Printlesen und hybride Lesesituationen bestmöglich nutzen lassen.

Zentrale Befunde im Überblick

  1. Print schlägt Bildschirm – besonders bei längeren Sachtexten
    Beim Lesen langer, informativer Texte ist das Verständnis und Behalten mit gedrucktem Material besser, insbesondere unter Zeitdruck.
  2. Erzählende Texte = weniger Unterschied
    Bei narrativen bzw. literarischen Texten sind die Unterschiede zwischen gedruckten und digitalen Formen geringer – oft gar nicht relevant.
  3. Der Mythos „Digital Native“ in Frage gestellt
    Auch jüngere oder erfahrene Nutzer*innen digitaler Medien überschätzen häufig ihr Verständnis beim Lesen am Bildschirm; sie überfliegen schneller, lesen weniger tief.
  4. Medienkompetenz & Lesestrategien sind entscheidend
    Es reicht nicht, einfach nur das Medium zu wechseln. Wie wir lesen – bewusst, konzentriert, mit Strategien – beeinflusst das Resultat wesentlich. Idw Online+2zum.de+2

Warum das für Speed Reading & modernes Lesetraining so relevant ist

Speed Reading zielt darauf ab, sowohl Lesegeschwindigkeit als auch Verständnis und Behaltensleistung zu erhöhen. Die Stavanger‑Erklärung liefert Forschungsergebnisse, die perfekt zeigen, wo mögliche Stolpersteine liegen und wie man diesen begegnen kann:

  • Qualität statt nur Geschwindigkeit: Wer einfach nur schnell liest (ohne erprobte Lesetechniken bewusst anzuwenden), läuft Gefahr, Inhalte bloß zu überfliegen – gerade digital. Methoden des vertieften Lesens und gezielte Strategien helfen, das Gleichgewicht zu halten.
  • Medienwahl bewusst treffen: Für Lernmaterialien, Sachtexte oder Trainingsunterlagen kann Print sinnvoller sein, wenn Ziel Verständnis & Behalten ist. In digitalen Settings muss die Präsentation und Gestaltung stimmen.
  • Leseübungen und Strategien trainieren: Techniken wie Chunking, Markieren, Reflektieren, Rückfragen stellen; all das kann helfen, das digitale Lesen zu verbessern.

Empfehlungen für Training, Unterricht & Alltag

Aus den Erkenntnissen der Stavanger‑Erklärung lassen sich konkrete Handlungsempfehlungen ableiten, die sich auch mit Blick auf Speed Reading-Kompetenzen umsetzen lassen:

  • Lehrende und Trainer*innen sollten darauf achten, digitale Werkzeuge gezielt einzusetzen, z. B. so, dass Texte gut strukturiert, typografisch angenehm und mit Features versehen sind, die das Verständnis fördern (z. B. Zoom, Anpassung von Schriftgröße, Layout).
  • In Kursen und Trainings bewusst hybride Formate nutzen: Abwechselnd analog (Print) und digital lesen, damit Teilnehmende lernen, in beiden Umgebungen effektiv und bewusst zu lesen.
  • Strategien zur Verbesserung der Aufmerksamkeit und des tiefen Lesens vermitteln: Pausen einlegen, Ablenkungen reduzieren, Rück­schau halten, Summary etc.
  • Medienkompetenz als Teil des Trainings, z. B. wie man digitale Quellen bewertet, Informationen kritisch prüft.

Fazit: Die Stavanger‑Erklärung bleibt auch 2025 aktuell

Die Gründe:

  • Der digitale Wandel hat sich nicht abgeschwächt, sondern intensiviert – wir arbeiten, lernen und konsumieren immer mehr Inhalte online.
  • Viele Lehr‑, Lern‑ und Trainingsformate setzen stark auf digitale Medien; ohne Reflexion und Strategien droht dort ein Verlust an Tiefe und Verständnis.
  • Speed Reading & verbessertes Lesetraining haben das Potenzial, diese Lücke zu schließen – wenn sie die Befunde der Forschung berücksichtigen.

Übrigens wurden die wesentlichen Erkenntnisse der Stavanger-Erklärung einige Jahre später (2023) in der Ljubljana-Erklärung wieder aufgegriffen. Dazu folgt demnächst ein weiterer Beitrag… 🙂