Von Friedrich Hasse  |  in Speed Reading Trainer Friedrich Hasse

Speed Reading – PhotoReading – Improved Reading

Oft fragen mich Kursteilnehmer/innen, was denn eigentlich der Unterschied zwischen den verschiedenen Arten von Schnelllesetechniken sei, und was unseren Ansatz auszeichne.

Speed Reading, PhotoReading, Improved Reading…wo liegen die Unterschiede – und welche Gemeinsamkeiten gibt es vielleicht auch? Hier ein Überblick:

Improved Reading

Improved Reading ist eine in den 1960er-Jahren in Australien entwickelte Trainingsmethode für schnelles Lesen, bei der die vollständige Texterfassung im Vordergrund steht. Damit unterscheidet sich Improved Reading vom Speed Reading, wie es in den 1970er-Jahren von Tony Buzan entwickelt wurde, das auf Querlesen, Diagonallesen und Slalomlesen abzielt. Improved Reading unterscheidet sich auch vom PhotoReading (fotografischem oder Flächenlesen) nach Paul Scheele, bei dem ganze Textseiten auf einmal erfasst werden sollen. Die Erwartungen hinsichtlich der mit Training erreichbaren Lesegeschwindigkeit sind mit ca. 350 bis 600 Wörtern pro Minute deutlich geringer angesetzt. (Bei Speed Reading nach Buzan sollen über 1.000 Wörter pro Minute möglich sein; bei PhotoReading nach Scheele bis zu 25.000 Wörter pro Minute.) Tipp: Klicken Sie hier, wenn Sie selbst einen Lesetest machen wollen.

Die Improved-Reading-Methode basiert auf drei Kerntechniken:

  1. sinnvolle Wortgruppen statt nur Einzelwörter zu erfassen
  2. Blickbewegungen vorwärts ausrichten statt häufiger Regressionen/Rücksprünge
  3. bewusstes Subvokalisieren wichtiger Wörter, während kleinere Wörter (Funktionswörter) ausschließlich visuell erfasst werden

1. Wortgruppen erfassen (Chunken)

Die erste Kerntechnik von Improved Reading ist das Erfassen von Wortgruppen anstelle von Einzelwörtern („Chunken“, nach englisch „chunk“ = großer Brocken): Damit soll einerseits das Lesetempo gesteigert werden, weil das Auge weniger häufig anhält (fixiert); gleichzeitig wird davon ausgegangen, dass sich auch das Textverständnis erhöht, weil sinnvolle Informationseinheiten statt isolierter Wörter aufgenommen werden. Die grundsätzliche Fähigkeit des Auges, Wortgruppen innerhalb einer Blickspanne von 3–3,5 cm klar erfassen zu können, ist wissenschaftlich belegt. „Sinnvoll erscheint es beispielsweise zu lernen, Wörter gruppenweise zu lesen, etwa ‚das schöne Bild‘ auf einmal statt mit drei oder sogar mehr Fixationen aufzunehmen. Unsinn sind dagegen Übungen zur Blickspannenerweiterung.“ (1)

Beim „Chunken“ soll nur die natürlich vorhandene Blickspanne, die beim normalen Sehen außerhalb des Lesens ganz selbstverständlich ausgenutzt wird, auch beim Lesen optimal eingesetzt werden. Innerhalb einer Blickspanne können mehrere Wörter parallel verarbeitet werden.

Erfahrene Lesern nutzen nicht nur die optische Blickspanne maximal aus, sondern profitieren von einer durch Übung erworbenen kognitiven Automatisierung der Worterkennung (automatische Mustererfassung), die das Erfassen von Wortgruppen sowie die Nutzung des peripheren Sehbereichs erleichtert. 

2. Vorwärtsorientierung (Vermeidung der Regression)

Die zweite Kerntechnik von Improved Reading ist der Verzicht auf unabsichtliche Regressionen (häufiges Zurückspringen im Text). Unabsichtliche Regressionen machen durchschnittlich 10–20 % aller Fixierungen aus. Regressionen bewirken eine Verlangsamung des Leseprozesses und verhindern die Aufnahme der Textbestandteile in einer logischen Reihenfolge. Dadurch beeinträchtigen Regressionen auch das Textverständnis. In Studien von Prof. Ralph Radach et al. [https://www.buw-output.de/de/archive/output-ausgabe-152016/speed-reading-die-vision-vom-schnellen-verstehen/] wurde die Möglichkeit nachgewiesen, Regressionen bewusst zu reduzieren. Durch ein akustisches „Warnsignal“ nach jeder Regression wurde das Lesetempo bei gleichem Verständnis deutlich gesteigert: „Als Ergebnis des Trainings kam es zu drastischen Veränderungen der gemessenen Blickbewegungen, wobei in der Trainingsgruppe eine starke Abnahme der Regressionen die Wirkung des akustischen Feedbacks sehr überzeugend dokumentierte. Das Lesetempo am Ende des Trainings betrug in etwa das Anderthalbfache bis Doppelte der Ausgangswerte. Dabei wurde über die Trainingssitzungen bis zur abschließenden Testung im Durchschnitt das gleiche Niveau im Leseverständnis beibehalten.“

„Geübte LeserInnen unterscheiden sich von Leseanfängern in so gut wie allen Bewegungsaspekten. Leseanfänger benötigen insgesamt mehr Sakkaden [Blicksprünge], längere Fixationspausen und eine höhere Anzahl an Regressionen.“ (Garbe, Christine / Holle, Karl / Jesch, Tatjana: Texte lesen. Lesekompetenz – Textverstehen – Lesedidaktik – Lesesozialisation, Paderborn ²2010)

3. Visuelles Begreifen (Reduzierung des Subvokalisierens)

Die dritte Kerntechnik von Improved Reading ist die Reduzierung des Subvokalisierens (inneres/mentales Mitsprechen beim Lesen). Im Unterschied zu anderen Schnelllesetechniken soll bei Improved Reading das Subvokalisieren nicht komplett eliminiert werden. Das bewusste Subvokalisieren sinntragender Wörter (Sinnsignale) wird als wichtige Voraussetzung für gutes Textverständnis angesehen. Demgegenüber wird davon ausgegangen, dass sehr häufig vorkommende, kleinere und weniger wichtige Wörter (Funktionswörter) sehr oft ohne inneres Mitsprechen als Schriftbild erfasst werden können, ähnlich wie Verkehrszeichen, Piktogramme, Firmenlogos, etc. 

Da der Mensch schneller lesen als hören kann, sind gute Leser in der Lage, mit einer Geschwindigkeit von 600 Wörtern pro Minute bei vollem Verständnis zu lesen. „Seit Jahren erforscht Radach die mentalen Prozesse beim Lesen und ist überzeugt: ‚Man kann deutlich schneller lesen als hören.‘ Gute Leser können durchaus 600 Wörter pro Minute schaffen – bei vollem Verständnis.“ (2)

Stanislas Dehaene schreibt in seinem Grundlagenwerk zur Entstehung des Lesens zum Thema „inneres Mitsprechen“: „Mittlerweile zeichnet sich ein Konsens ab: Beim Erwachsenen gibt es beide Lesewege [den phonologischen und den lexikalischen], die simultan aktiviert werden. Wir alle verfügen über einen direkten Zugang zu den Wörtern, was es uns erspart, sie vor dem Verstehen im Geiste auszusprechen. […] Demnach arbeiten der lexikalische und der phonologische Weg der Wortverarbeitung parallel und unterstützen einander.“ (Dehaene, Stanislas: Lesen. Die größte Erfindung der Menschheit und was dabei in unseren Köpfen passiert, München 2012, S. 39). Die „lexikalische Wortverarbeitung“ wird bei Improved Reading als  „visuelles Begreifen“ bezeichnet, um diesen Vorgang schon in der Terminologie stärker von dem „phonologischen“ Weg abzugrenzen.  Das innere Mithören gilt bei weniger bekannten Wörtern sogar als unabdingbar. „Wenn es also darum geht, neue Wörter lesen zu lernen, ist allein der phonologische Weg brauchbar.“ (3)

Schnelles Lesen nach der Improved-Reading-Methode ist ein Zusammenspiel aus optischer Blickspannenausnutzung und kognitivem Erfahrungswissen, basierend auf jahrelanger Leseerfahrung. In der Anfangsphase des Lesens oder beim Erlernen einer Fremdsprache ist es hingegen zwingend notwendig, die noch wenig vertrauten Wörter zunächst einzeln zu erfassen, gelegentlich zurückzuspringen und möglichst den gesamten Text zu subvokalisieren, um die allmähliche Automatisierung der Worterfassung zu begünstigen.

Bei erfahrenen Lesern wirkt sich schnelles Lesen positiv auf die stark begrenzte Aufnahmekapazität des Kurzzeitgedächtnisses aus, wie die Leseforscher/innen Cornelia Rosebrock und Daniel Nix erläutern: „Ein zu langsamer Leser hat demnach Verstehensprobleme, weil er nicht genügend (detaillierte) Informationen im Arbeitsgedächtnis halten kann. Eine kohärente Vernetzung der verschiedenen Informationen im Zuge der Generierung eines mentalen Modells des gelesenen Satzes oder Textabschnittes ist so nicht möglich.“

4. Flexible Lesestrategien

Weitere Techniken der Improved Reading-Methode sind bewusstes Weglassen, Überfliegen (engl. „Skimming“ = Ausrichtung auf die Hauptgedanken bei vollständiger, dynamischer Texterfassung), Absatzspringen (engl.  „Paragraphing“ = Ausrichtung auf die Hauptgedanken bei selektiver Erfassung der Absatzanfänge) oder fokussierende Suche (engl. „Scanning“ = detaillierte Suche nach Einzelfakten oder nach Antworten auf konkrete Fragestellungen). Darüber hinaus sind auch die effiziente Vorbereitung des Lesens mithilfe einer Vorausschau (engl. „Preview“) und – bei wichtigen Texten – die gründliche Nachbereitung (PQRST-Methode: Preview, Question, Read, Summarize, Test) Bestandteile des Improved Reading-Ansatzes. 

Grundlegend für ein Lesen nach der Improved-Reading-Methode ist neben der Steigerung der Lesegeschwindigkeit die Variation und bewusste Steuerung von Lesegeschwindigkeit und ‑intensität. Diese Herangehensweise wird auch von den Leseforscher/inne/n Cornelia Rosebrock und Daniel Nix empfohlen: „Die Unverzichtbarkeit von Lesegeschwindigkeit für das Textverstehen sollte aber nicht dazu verleiten, ein absolut hohes Lesetempo anzustreben […]. Vielmehr sollte eine flexible grundlegende Lesegeschwindigkeit erworben werden, mit der der Leser situativ auf die jeweiligen Textgegebenheiten reagieren kann.“

(1) Prof. Ralph Radach (Bergische Universität Wuppertal) in einem Interview, 27.6.2014: https://www.dasgehirn.info/denken/gedaechtnis/ich-warne-davor-einen-roman-mit-spritz-zu-lesen

(2) Leseforscher Prof. Radach im Interview mit Bernd Eberhart („Beschleunigte Buchstaben“, Süddeutsche Zeitung vom 5.9.2014, S. 16)

(3) Dehaene, Stanislas: Lesen. Die größte Erfindung der Menschheit und was dabei in unseren Köpfen passiert, München 2012, S. 40.

Literatur:

Umfassende Darstellung der wissenschaftlichen Grundlagen von Improved Reading hier.

Dehaene, Stanislas: Lesen. Die größte Erfindung der Menschheit und was dabei in unseren Köpfen passiert, München 2012.

Eberhart, Bernd: Beschleunigte Buchstaben, in: Süddeutsche Zeitung vom 5.9.2014, S. 16.

Garbe, Christine / Holle, Karl / Jesch, Tatjana: Texte lesen. Lesekompetenz – Textverstehen – Lesedidaktik – Lesesozialisation, Paderborn ²2010.

Heller, Dieter / Radach, Ralph: Leseforschung im Spannungsfeld zwischen experimentellem Anspruch und ökologischer Validität, in: Bernd Kersten (Hg.): Praxisfelder der Wahrnehmungspsychologie, Bern 2005, S. 133– 151.

Radach, Ralph: Blickbewegungen beim Lesen, (Internationale Hochschulschriften Bd. 216) Münster, New York 1996.

Radach, Ralph / Hofmann, Markus J.: Graphematische Verarbeitung beim Lesen von Wörtern. In: U. Domahs / B. Primus (Hrsg.): Handbuch Laut, Gebärde, Buchstabe (Band 2), Berlin 2016, S. 455-473.

Radach, Ralph / Pontes, Ulrich: „Ich warne davor, einen Roman mit Spritz zu lesen“. Interview mitRalph Radach, in: das gehirn.info (1.7.2014)

https://www.dasgehirn.info/denken/gedaechtnis/Schnelllesen-mit-der-Speedreading-App-Spritz-Interview-ueber-Lesegeschwindigkeit-Informationsverarbeitung-712 (zuletzt aufgerufen am 4.4.2018)

Radach, Ralph / Günther, Thomas / Huestegge, Lynn: Blickbewegungen beim Lesen, Leseentwicklung und Legasthenie, in: Lernen und Lernstörungen, Jg.1, H. 3, Sept. 2012, S. 185–204.

Radach, Ralph / Vorstius, Christian / Fürth, Sebastian: Speed Reading – Die Vision vom schnellen Verstehen, in: OUTPUT. Wissenschaftliche Zeitschrift der Bergischen Universität Wuppertal, Nr. 15 (2016), 18–23.

Rosebrock, Cornelia / Nix, Daniel: Forschungsüberblick: Leseflüssigkeit (Fluency) in der amerikanischen Leseforschung und -didaktik, in: Didaktik Deutsch, 20, 2006, S. 90–112. Zitiert nach: https://www.researchgate.net/profile/Cornelia_Rosebrock/publication/237834050_Forschungsuberblick_Leseflussigkeit_Fluency_in_der_amerikanischen_Leseforschung_und_-didaktik/links/5556129e08aeaaff3bf5ecb7.pdf (zuletzt aufgerufen am 23.12.2020)

Photo Reading

PhotoReading ist eine in den 1980er Jahren vom US-Amerikaner Paul R. Scheele entwickelte Schnelllesetechnik, die vorrangig auf die Aktivierung des Unbewussten abzielt und dabei Lesegeschwindigkeiten von 25.000 Wörtern pro Minute (WpM) ermöglichen soll. Der Text wird zunächst in einem tiefenentspannten Zustand aufgenommen, wobei die Schriftzeichen nur indirekt betrachtet werden und der bewusste, analytische Verstand ausgeschaltet bleibt. Nach einer Inkubationsphase von einer Stunde bis einem Tag erfolgt die Aktivierung der unbewussten Textinformationen, indem man sich Fragen zum Text stellt, MindMaps entwirft und den Text erneut schnell überfliegt. Weitere, mehr konventionelle Lesevorgänge in hohem Tempo („RapidReading“) können für eine vertiefte Lektüre erfolgen.

Hier die fünf klassischen Schritte des PhotoReading im Überblick:

Überblick (Preview)

Im ersten Schritt geht es darum, die äußeren Lesebedingungen (z.B. Licht, Anordnung des Arbeitsplatzes) zu optimieren und sich auf den Text einzustimmen: Welche Zielrichtung verfolgt der Autor? Was finde ich daran spannend? Auf welche Aspekte oder Fragen möchte ich mich besonders fokussieren? Zugleich wird ein Zustand weitgehender innerer Entspannung angestrebt, in welchem das Gehirn besonders aufnahmefähig ist („Alphazustand“, d.h. Hirnfrequenz bei 8-12 Hz, entspannte Aufmerksamkeit). Bereits hier kann die für das PhotoReading berühmte „Mandarinentechnik“ eingeübt werden (s. Punkt 3.).

Überblick (Preview)

Der Text wird zügig von vorne bis hinten durchgeblättert, wobei alle Anhaltspunkte zu Struktur und Hauptinhalten besonders beachtet werden: Überschriften, Bilder, Infoboxen, Zusammenfassungen, Fettgedrucktes, (eventuell häufig wiederkehrende) Schlüsselbegriffe oder Namen. 

PhotoReading

Erst nach diesen vorbereitenden Schritten beginnt das PhotoReading im engeren Sinn: Voraussetzung ist ein Zustand vollkommener Tiefenentspannung, die über verschiedene Visualisierungstechniken erreicht werden soll. Generell hilfreich ist die Vorstellung angenehmer Orte und Zustände in möglichst vielen sinnlichen Variationen. Für den direkten Bezug aufs Lesen ist die sogenannte „Mandarinen-Technik“ zentral: Dabei stellt man sich mit geschlossenen Augen vor, eine Mandarine in der Hand zu halten (sie zu spüren, zu riechen, zu schmecken), langsam an den Hinterkopf zu führen und dann loszulassen.

In der Vorstellung „schwebt“ die Mandarine jetzt, und mit diesem Bild „im Hinterkopf“ beginnt das eigentliche PhotoReading: Man blättert den Text Seite für Seite durch, schaut dabei aber nicht auf die Wörter oder Zeilen, sondern mit weichem Blickfokus „durch das Buch hindurch“. Dabei erscheint eine viel schmalere „dritte Buchseite“ in der Mitte, die man die gesamte Zeit über im Blick behält. Eine vereinfachte Herangehensweise besteht darin, die Seite als Ganzes mit einem Blick zu erfassen, also die vier Ecken und die Textmitte auf einmal; die Buchstaben selbst sind dabei nur verschwommen zu sehen.

Dabei wird bewusst „defokussiert“: Die optischen Eindrücke sollen allein über die Stäbchen (Sehzellen, die u.a. peripheres Sehen ermöglichen) verarbeitet werden, nicht über die für scharfes Sehen zuständigen Zapfen.

Auf diese Weise wird der gesamte Text Seite für Seite in einem rhythmischen Tempo „fotogelesen“ (etwa zwei bis drei Sekunden pro Seite). Wichtig ist, dabei den konzentrierten Entspannungszustand, eine offene mentale Haltung und gleichmäßiges Atmen konsequent aufrechtzuerhalten. Parallel zu diesem Vorgang können motivierende Formeln oder auch Gedichte aufgesagt werden, um negative Gedanken abzublocken und den bewussten Verstand möglichst auszuschalten.

Aktivierung

Wurden die Informationen in den bisherigen Schritten eher unbewusst aufgenommen, geht es jetzt darum, sie ins aktive Bewusstsein zu übertragen, und zwar nach einer „Inkubationsphase“ von mindestens zwanzig Minuten bis 24 Stunden. Für die Aktivierung, die ebenfalls im entspannten Zustand stattfinden sollte, werden unterschiedliche Ansätze vorgeschlagen, zu denen auf jeden Fall das aktive Stellen von Fragen und das Definieren von Interessensschwerpunkten gehört. Wesentlich ist ferner das zügige Überfliegen, bei dem die Augen den Text vertikal von oben nach unten abtasten. Mithilfe einer MindMap können anschließend die wichtigsten Textinhalte optisch veranschaulicht werden. Auch durch spontanes Assoziieren, Tagträumen oder im Schlaf sollen die unbewussten Textinhalte aktiviert werden können.  

Schnelles Lesen (RapidReading)

Schließlich können weitere Details des Textes mithilfe des sogenannten „RapidReading“ erschlossen werden. Dabei handelt es sich um eine langsamere Art des Lesens, die sich dem konventionellen Lesen stark annähern kann. Die Geschwindigkeit kann dabei variieren, je nach Schwierigkeitsgrad und Interesse.

Literatur:

Scheele, Paul R.: PhotoReading: Die neue Hochgeschwindigkeits- Lesemethode in der Praxis, Junfermann Verlag, überarbeitete und erweiterte Neuauflage 2008 (engl. Erstausgabe 1993)

Speed Reading

Der Begriff Speed Reading wurde in den 1970er Jahren von Tony Buzan geprägt, der vor allem als Schöpfer der bereits in den 1960er Jahren von ihm entwickelten “Mindmapping”-Technik bekannt ist. Mit seinem 1971 erstmals in Englisch erschienenen Buch “Speed Reading” wurde dieser Begriff quasi zum Synonym für schnelle bzw. effiziente Lesetechnik. Tatsächlich steht bei Buzan allerdings eine bestimmte Art des schnellen Lesens im Vordergrund, die sich von dem hier ebenfalls aufgeführten Improved Reading und PhotoReading – ungeachtet einiger Überschneidungen – signifikant unterscheidet.

Beim Buzanschen Speed Reading gelten (wie beim Improved Reading) vollständiges Subvokalisieren (inneres Mitsprechen des Textes), Regression (Zurückspringen im Text) und Wort-für-Wort-Lesen grundsätzlich als die wichtigsten hinderlichen Lesegewohnheiten. Zugleich wird davon ausgegangen, dass selbst bei 1.000-2.000 Wörtern pro Minute Lesegeschwindigkeit noch vollständig subvokalisiert werden könne; nach Buzan steht dies dem sehr schnellen Lesen per se folglich nicht im Weg, während beim PhotoReading (mit angeblich bis zu 25.000 Wörtern pro Minute) der Text rein fotografisch erfasst wird, ohne “inneres Hören”.

Die Bezugnahme auf diese drei “Hauptlesefehler” ist bei Buzan jedoch mehr allgemeiner Natur; sie beansprucht kaum zehn von 350 Seiten (in der deutschen Übersetzung von “Speed Reading”). Der Schwerpunkt (und das eigentlich Originäre) von Buzans Speed Reading sind die sog. “Meta-Lesetechniken”, bei denen ausdrücklich das periphere Sehen im Vordergrund steht. Mithilfe von Training soll das beim Lesen übliche Sehfeld von einem oder wenigen Zentimeter(n) (Einzelwörter oder Wortgruppen) signifikant erweitert werden, so dass ganze Zeilen und Absätze auf einmal erfasst werden können. Unter Einsatz eines Stiftes oder Stäbchens (am Bildschirm ggf. auch des Cursors) wird die Textseite slalomförmig, im Zickzack oder mittig von oben nach unten großflächig “abgescannt”. Auf diese Weise sollen Geschwindigkeiten von 1.000 Wörtern pro Minute und mehr erzielt werden.

Landläufig wird unter “Speed Reading” meist “Querlesen” oder “Diagonallesen” verstanden, was auf den Buzanschen Ansatz folglich durchaus zutrifft. Wenn “Speed Reading” jedoch als generischer Term im Sinne von “Training der Lesetechnik” allgemein verwendet wird, sollte beachtet werden, dass dieses nicht zwangsläufig mit “Diagonallesen”, “Mut zur Lücke” oder –abwertend – einem oberflächlicheren Lesen einhergeht. So ermöglichen das Training der metakognitiven Strategien beim Lesen (Vor- und Nachbereiten des Lesens, bei Buzan v.a. mithilfe der Mindmapping-Technik) oder die volle Nutzung der Blickspanne im Bereich des scharfen Sehens (wie das auch von Buzan sowie in diesem Interview vom Leseforscher Prof. Ralph Radach empfohlene Wortgruppen-Lesen) durchaus eine vollständige Texterfassung und ein gründlicheres Textverstehen.

Literatur:

Buzan, Tony: Speed Reading: Schneller lesen – mehr verstehen – besser behalten, mvg-Verlag 2017 (engl. Erstauflage 1971)